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Interview: Red Square – das Kulturfestival für Osteuropafans

Von Hanna Düspohl

Am 12. Mai findet erstmals das Red Square Festival in der Kulturfabrik Moabit statt. Das interdisziplinäre Festival bietet neben einem vielseitigen künstlerischen und kulinarischen Programm den Austausch und die Vernetzung mit Künstler*innen, Expert*innen und Aktivist*innen aus Osteuropa.

Das Festival wird von dem gemeinnützigen Verein Dekabristen e.V. organisiert. Der Vorsitzende Sergey Medvedev hat uns im Vorfeld ein paar Fragen beantwortet:

Das Festival findet in der Kulturfabrik Moabit statt. Wieso habt ihr diesen Ort ausgewählt und wie seid ihr auf die Kulturfabrik aufmerksam geworden?

Die Kulturfabrik Moabit vereint industriellen Charme mit Berliner Flair, liegt in Moabit und eignet sich somit perfekt für ein multikulturelles Festival. Zudem finden in der Kulturfabrik Moabit regelmäßig Veranstaltungen statt, die von Live-Acts über Filmvorführungen bis zu Diskussionen reichen. Das Red Square Festival steht für das Konzept der Verbindung von politischer Bildung, Kunst, Engagement und Party und hat in der Kulturfabrik Moabit auch in dieser Hinsicht den idealen Ort für die Veranstaltung gefunden.

Wie kamst du dazu, das Festival zu organisieren und welche Herausforderungen gab es?

Unser Wunsch war es, eine Synthese aus Musik, Engagement, Kunst und Politik zu schaffen  und zwar in Form eines Festivals. Da wir eine derartige Veranstaltung in Bezug auf russische, polnische, ukrainische Kultur in Berlin vermissten, haben wir uns entschieden, selbst ein solches Festival zu organisieren. Jedes Projekt bringt neue Herausforderungen mit sich. Von Anfang an stellen sich einem Hürden in den Weg. Sei es die Suche nach einer geeigneten Location, die Kommunikation mit potentiellen Gästen, Programmentwürfe, die Organisation des Festivals, der Ticketverkauf. Wir haben uns diesen Herausforderungen angenommen, viel und lange gearbeitet und unser Endziel nie aus den Augen verloren. Dass das Red Square Festival am 12.Mai nun tatsächlich über die Bühne geht, verbuchen wir als großen Erfolg, der alle Herausforderungen wert war.

Wieso trägt das Festival den Namen „Red Square“ ?

Der Rote Platz ist bekanntlich ein zentraler Ort in Moskau. Seit dem 15. Jahrhundert wurden dort Marktstände aufgestellt und feierliche Veranstaltungen abgehalten. Den Namen hat der Rote Platz nicht wegen der Farbe bekommen, sondern weil er als schön galt. Schön hieß auf Altrussischrot(schön = krasivyj; rot = krasnyj). Auf dem Roten Platz gab es auch erste Versammlungen und politische Kundgebungen. Zu Sowjetzeiten und seit der Putin-Ära sind jegliche Versammlungen auf dem Roten Platz verboten. Erst wenige Aktionist*innen haben sich getraut vor dem Kreml Protestaktionen zu veranstalten. Unser interdisziplinäres Festival steht für freie Meinungsäußerung und Kunstfreiheit. Der Slogan des Red Squre Festivals heißt: Ploschad’ Nascha – der Platz gehört uns.

Wie wollt Ihr auf politische Herausforderungen und Probleme Osteuropas im Rahmen des Festivals aufmerksam machen?

Politik in Deutschland und Osteuropa steht im Fokus des Diskussionsprogramms. Mit Expert*innen zu Erinnerungskultur, Medien und Identitäten – u.a. Ivan Kurilla von der Europäischen Universität, Sankt-Petersburg, Zofia Wóycicka vom Zentrum für Historische Forschung Berlin, Christoph Meißner vom Deutsch-Russisches Museum Berlin, Bartosch Dudek, Leiter polnischer Redaktion Deutsche Welle oder auch Zhanna Nemzova, Journalistin und Tochter des 2015 ermordeten russischen Politikers Boris Nemzow – diskutieren wir über Großmachtnarrative in Russland, Populismus und autokratische Tendenzen in Europa. Im Zentrum des Festivals liegt der internationale Dialog. Politische Herausforderungen und Probleme können nicht nur von einer Seite alleine geklärt werden. Osteuropa braucht gemeinsame Lösungen, die durch Kooperation und produktive Debatten entstehen können. Auf dem Festival, auf den Panels und Workshops, auf den Vorführungen der Dokumentarfilme osteuropäischer Regisseur*innen, auf Lesungen, Ausstellungen und Performances möchten wir das Publikum darauf aufmerksam machen, dass die oftmals strikte Trennung zwischen einem Westen und einem Osten oft zuerst in den Köpfen existiert. Wir wollen eine Brücke zwischen Berlin und Moskau bauen, die Wind und Wetter standhält.

Mit wie vielen Besuchern rechnet ihr und an welche Zielgruppe richtet sich das Festival?

Wir rechnen mit 500 Besucher*innen und zusätzlich 100 Expert*innen, Künstler*innen, Musiker*innen und Leuten aus unserem Team. Dabei sprechen wir Berliner*innen mit und ohne Kinder, engagierte Bürger*innen, Künstler*innen mit und ohne Migrationshintergrund, leidenschaftliche Osteuropafans und jene, die es noch werden wollen an.  Dazu kommen Filmenthusiast*innen, Partytiger und Kunstliebhaber*innen, Leseratten, Flohmarktbegeisterte oder Genießer*innen der sibirischen Küche! Jeder kommt auf dem Festival auf seine Kosten. Das Red Square Festival betitelt sich als multikulturelles Festival und genau so soll auch das Publikum sein. Jeder ist willkommen und herzlich eingeladen, Berlin für einen Tag in einen Red Square zu verwandeln.

Gibt es ein persönliches Highlight des Festivals deinerseits?

Es gibt so viele persönliche Highlights, dass ich das Festival manchmal sogar lieber als Gast und nicht als Organisator miterleben würde, um keinen Programmpunkt verpassen zu müssen.

Vielen Dank für dieBeantwortung unserer Fragen!